Teil 1: Gerangel um die erste Postexpedition - Auftakt zur Serie über die wechselvolle Geschichte der Kleinheubacher Post
Im Gebäude der heutigen Hofapotheke (links) wurde 1851 mit Genehmigung des Landgerichtes Miltenberg bis 1863 die erste Kleinheubacher Postexpedition von Apotheker Franz Karl Gerster betrieben. Danach befand sich der Postexpeditionsraum im früheren „Fuchshäuschen“ in der Hauptstraße, wo er bis zu einem weiteren Umzug nur drei Jahre verblieb.
Kleinheubach. Mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung des Ortes Mitte der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts hatte einst auch die postalische Entwicklung in der Marktgemeinde Kleinheubach begonnen.. In der 153jährigen wechselvollen Geschichte von der ersten Postexpedition, zur Zweigstelle von Miltenberg bis zum selbständigen Postamt und hin zur heutigen Postagentur hat die Post auch für manche kuriose Begebenheiten gesorgt. In einer dreiteiligen Serie werden wir in loser Folge darüber berichten.
Die Absicht, einer Postexpedition im Ort einzurichten, wurde erstmals im März des Jahres 1851 geäußert, wie den von Altbürgermeister Bernhard Holl zur Verfügung gestellten Aufzeichnungen des Postamtmannes a.D. Walter Hentschel zu entnehmen ist. Als dann der Apotheker Franz Karl Gerster nach einem Schreiben des Landgerichtes Miltenberg vom 9. Mai 1851 bereit war, gegen ein jährliches Avorsum (Gehalt) von 75 Gulden eine Kaution von 500 Gulden zu hinterlegen, konnte zum 1. Juli des gleichen Jahres in der damaligen fürstlichen Hofapotheke die Postexpedition eingerichtet werden.
Vom Engelberg bis Laudenbach
Da sich zunächst weder das Landgericht, noch das Oberpostamt und die Generaldirektion in München über die Ausdehnung des Bestellbezirkes einigen konnten, verfügte die Generaldirektion am 24. Juli 1851, dass das Kloster Engelberg, Großheubach, Rüdenau und Laudenbach das dem Landgericht Klingenberg zugehörig war, zum Bestellbezirk Kleinheubach gehören sollen. Weshalb ursprünglich die Gemeinde Mainbullau dabei nicht erwähnt wurde, ist nicht bekannt, doch in späteren Schreiben ist sie wieder zum Landzustellbezirk Kleinheubach gehörig aufgeführt.
Erweiterung bis Wiesenthal
Einem Geschichtsblatt des Postamtes Miltenberg ist zu entnehmen, das in den Folgejahren die Orte Boxbrunn, Gönz, Berghof, Ohrenbach, Sansenhof, Weckbach und Wiesenthal in den Landzustellbezirk der Postexpedition Kleinheubach eingegliedert sein mussten. Es ist auch festgehalten, das diese Orte und Niederlassungen mit dem 1. September 1897 vom Bestellbezirk Kleinheubach wieder abgetrennt und teilweise der am 1. Februar 1897 neu eingerichteten Postablage Weilbach zugeteilt wurde. Von der früheren Postexpedition galt es Briefe und Fahrpostkartenschlüsse mit Miltenberg, Klingenberg, Wörth, Obernburg, Aschaffenburg und Würzburg zu fertigen, da die Verbindungen zu diesen Orten durch die Eilwagen Würzburg – Aschaffenburg aufrechterhalten wurden.
Die Ausschreibung der Postexpedition Kleinheubach durch den Gemeindevorstand wurde erforderlich, da zum 1. April 1863 der örtliche Postexpeditor Franz Karl Gerster aus Altersgründen seinen Vertrag gekündigt hat. Auch galt es einen neuen Raum zu finden, da Gerster diesen in der Apotheke nicht weiter zur Verfügung stellte. Mit dem Krämer Friedrich Jakob Bohn, dem Schneidermeister Anton Jaeger, dem Adlerwirt Michael Joseph Ott und dem aus Windsheim stammenden Expeditionsgehilfen Ernst Reuß hatten sich gleich vier Bewerber um die Postexpedition im Ort gemeldet. Wegen ungünstiger Lage und nicht ausreichender Gewähr zur Wahrung des Postgeheimnisses, fiel die Wahl schließlich auf Reuß, der allerdings gezwungen war, einen neuen Raum in geeigneter Lage zu finden. Am 20. März 1863 war es so weit und Reuß der noch vertraglich verpflichteter Beamter im Turn-und
Taxischen Postdienst war, konnte mit dem Fabrikbesitzer ter Meer einen Vertrag schließen, der ihm in der Hauptstraße dem früheren „Fuchshäuschen“ einen Raum mit dem wichtigen Fenster zur Straßenseite hin, gegen entsprechende Miete überließ.
Entschädigung wächst
Die Übergabe der Postexpedition fand nach Abschluss eines Dienstvertrages am 1. April 1863 durch den „Postoffizialen“ Franz aus Würzburg an den neuen Mann aus Windsheim statt. Ursprünglich sollte Reuß zu den gleichen Entschädigungen wie sein Vorgänger mit einem jährlichen Aversum (Gehalt) von 150 Gulden, plus fünf Prozent aus den Anlieferungen an Post-,Paket-und Zeitungsgebühren, sowie aus Einschreiben und einer hinterlegten Kaution von 500 Gulden eingestellt werden. Doch wie aus den Unterlagen hervorgeht, sind diese Entschädigungen in den Folgejahren nach und nach erhöht worden.
Fotos: Manfred Seemann